Benedict Carey erteilt uns die Erlaubnis auch mal dem Müßiggang zu frönen. Ablenkung und Faulheit werden zu Unrecht verteufelt, sagt der amerikanische Wissenschaftsjournalist in seinem Buch „Neues Lernen“. Seine Prämisse: Das Lernen muss sich an unserem Leben orientieren – nicht umgekehrt.
Die Wissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten vieles über den Haufen geworfen, was wir darüber zu wissen glaubten, wie das Gehirn Informationen aufnimmt und verarbeitet. Fest steht: Wir lernen von Geburt an schnell, effizient und automatisch. Weil wir diesen Vorgang unbedingt systematisieren wollen, betrachten wir Vergessen, Schlafen und Tagträumen als hinderlich. Dabei sind sie wertvolle Hilfsmittel, die den Eigenarten unseres Gehirns Rechnung tragen. Benedict Carey erklärt, mit welchen Methoden wir uns Stoffe leichter einprägen und unser problemlösendes Denken verbessern können und wie wir die Potentiale des Unbewussten möglichst effizient nutzen – lernen, ohne zu nachzudenken. Nebenbei erfahren wir, dass Ablenkung zu Unrecht verteufelt wird, Wiederholung keineswegs immer weiterhilft und es sinnvoll ist, sich zu Themen testen zu lassen, über die man noch gar nichts weiß.
Carey schildert auf für Laien sehr gut nachvollziehbare Art, wie Wissen erworben und erhalten werden kann, wie das Gehirn „tickt“ und wie sich dies ausnutzen lässt, wenn man ein kompliziertes Problem lösen muss. Auch erfährt der Leser viel über die Art und Weise, in der Experimente im Bereich der Kognitionswissenschaft konzipiert und durchgeführt werden, über die Geschichte dieses Wissenschaftszweiges selbst und über unterschiedliche Strömungen dort, die sich entweder durchgesetzt haben, untergingen oder einander heute ergänzen. So geht das Buch weit über einen klassischen „Lernleitfaden“ hinaus, beinhaltet aber gleichwohl eine Fülle an Hilfestellungen für erfolgreiches Lernen, gleich, ob der Leser im Studium oder bereits fest im Beruf steht: Lernen ist eine lebenslängliche Fähigkeit und Notwendigkeit.