Anleitung zum kompetenten Cybernauten

Wer im Netz unterwegs ist, vergisst sich selbst.
Catarina Katzer beschreibt Mechanismen, die dahinterstecken, und was man dagegen tun kann.

Auf 300 Seiten beschreibt Catarina Katzer, wie das Leben im Netz Menschen verändert. Sie zitiert dabei aus vielen Studien über Internetsucht, Cyberkriminalität, Voyeurismus oder emotionales Abstumpfen.

Beispielhaft beschreibt Katzer das Problem des permanente Kontextwechsels zwischen virtueller und realer Welt. Dies überfordert Menschen, nicht zuletzt, weil sie einer Art Privatheitsillusion unterliegt. Man/Frau ist nie mehr alleine, hunderte Menschen sind quasi mit auf der Coach, und es gibt keinerlei  Konsequenzen, wenn man miteinander kommuniziert, da das reale Gegenüber fehlt.

Jedoch die virtuelle Welt beinhaltet nicht nur Gefahren, auch Chancen beschreibt Catarina Katzer und gibt Tips wie man ein kompetenter Cybernaut werden kann, der sein Leben mit dem Netz wieder selbst kontrolliert. Wenn auch einiges schon aus anderen Quellen bekannt ist, lohnt es sich auf jeden Fall dieses Buch zu lesen.

Leseprobe von Cyberpsychologie Cyberpsychologie von Catarina Katzer

Wer nicht gleich das Buch kaufen will findet hier eine kleine Leseprobe, und ein Interview mit Catarina Katzer (FAZ).

Warum Faulheit und Ablenkung beim Lernen helfen

Benedict Carey erteilt uns die Erlaubnis auch mal dem Müßiggang zu frönen. Ablenkung und Faulheit werden zu Unrecht verteufelt, sagt der amerikanische Wissenschaftsjournalist in seinem Buch „Neues Lernen“. Seine Prämisse: Das Lernen muss sich an unserem Leben orientieren – nicht umgekehrt.

Die Wissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten vieles über den Haufen geworfen, was wir darüber zu wissen glaubten, wie das Gehirn Informationen aufnimmt und verarbeitet. Fest steht: Wir lernen von Geburt an schnell, effizient und automatisch. Weil wir diesen Vorgang unbedingt systematisieren wollen, betrachten wir Vergessen, Schlafen und Tagträumen als hinderlich. Dabei sind sie wertvolle Hilfsmittel, die den Eigenarten unseres Gehirns Rechnung tragen. Benedict Carey erklärt, mit welchen Methoden wir uns Stoffe leichter einprägen und unser problemlösendes Denken verbessern können und wie wir die Potentiale des Unbewussten möglichst effizient nutzen – lernen, ohne zu nachzudenken. Nebenbei erfahren wir, dass Ablenkung zu Unrecht verteufelt wird, Wiederholung keineswegs immer weiterhilft und es sinnvoll ist, sich zu Themen testen zu lassen, über die man noch gar nichts weiß.

Carey schildert auf für Laien sehr gut nachvollziehbare Art, wie Wissen erworben und erhalten werden kann, wie das Gehirn „tickt“ und wie sich dies ausnutzen lässt, wenn man ein kompliziertes Problem lösen muss. Auch erfährt der Leser viel über die Art und Weise, in der Experimente im Bereich der Kognitionswissenschaft konzipiert und durchgeführt werden, über die Geschichte dieses Wissenschaftszweiges selbst und über unterschiedliche Strömungen dort, die sich entweder durchgesetzt haben, untergingen oder einander heute ergänzen. So geht das Buch weit über einen klassischen „Lernleitfaden“ hinaus, beinhaltet aber gleichwohl eine Fülle an Hilfestellungen für erfolgreiches Lernen, gleich, ob der Leser im Studium oder bereits fest im Beruf steht: Lernen ist eine lebenslängliche Fähigkeit und Notwendigkeit.

lernen

Wer braucht denn noch Sex?

Warum wir es immer seltener tun – und warum das nicht so schlimm ist ….

Sorgen sie sich nicht über ihr brachliegendes oder schwach ausgeprägtes Sexualleben, Jörg Zittlau beschreibt in seinem Buch „Wer braucht denn noch Sex?“ die Gründe und gehr der Frage nach „Warum wir es immer seltener tun – und warum das nicht so schlimm ist“. Jörg Zittlau zitiert eine Umfrage unter 600 Jugendlichen, dort behauptete mehr als die Hälfte, sie würde eher auf Sex verzichten wollen als auf ihr Mobiltelefon.

Das Buch listet die möglichen Ursachen auf, z.B. der zunehmende Narzissmus, der Vormarsch der Asexuellenbewegung, die vielen äußeren Einflüsse, denen Menschen heutzutage ausgesetzt sind, oder der Stress in unserer Leistungsgesellschaft. Durch die Medien und im Internet werden wir von sexuellen Anreizen überfrachtet, aber was überall präsent ist, gilt nicht mehr als erstrebenswert.

Für langjährige Lebenspartner sind Toleranz, Verständnis und eine vertrauensvolle Kommunikation am wichtigsten, Sex hat nur eine untergeordnete Bedeutung. Sogar ein Beziehungskiller kann er sein, weil viele Beziehungen, die allein auf erotischer Anziehungskraft beruhen, im verflixten vierten Jahr – also nicht im siebten – in die Brüche gehen, schreibt Jörg Zittlau.

Es ist es ja keine Neuigkeit, dass unsere Gesellschaft zunehmen „versext“ ist, umso überraschter ist es, dass es offenbar immer mehr Menschen gibt, die gar keine Lust mehr auf diesen Sex Hype verspüren. Es traut sich anscheinend nur keiner es auszusprechen, jedenfalls besagt dieses Buch das, und ich finde es fast schon erschreckend, dass viele Menschen, und zwar Frauen UND Männer, unter diesem ständigen Sex Druck leiden, aber dennoch schaffen es die wenigstens entspannt mit diesem Thema umzugehen. Als typischer Ratgeber bietet das Buch keine wissenschaftliche Analyse der Gründe, warum der Mensch die Lust verliert. Aber es steckt voller Witz und ist klar und verständlich geschrieben.

Die Quintessenz lautet, lassen sie sich kein schlechtes Gewissen einreden, wenn die Lust nachlässt, es gilt mit Achtsamkeit Sex ohne Druck zu genießen, ganz im Sinne von Epikur, der empfiehlt, eine Lust zu befriedigen, sie aber auf keinen Fall weiter anzustacheln.

Jörg Zittlau wurde 1960 in Düsseldorf geboren, wo er auch Philosophie, Soziologie, Biologie und Sport(mit Schwerpunkt Sportmedizin) studierte. Mit seiner satirischen Studentenzeitschrift sammelte er nicht unbedingt Pluspunkte beim Hochschulpersonal, aber man promovierte ihn trotzdem zum Dr.phil. Nach sechs Jahren in Lehre und Forschung wechselte er zum Journalismus, um Wissenschaft durch Humor und konkreten Alltagsbezug einem größeren Publikum nahezubringen. Seine Bücher wurden mittlerweile in insgesamt 19 Sprachen übersetzt.

Auch „Miese Stimmung“ ist erlaubt, ….

dies ist Credo des gleichnamigen Buchs von Arnold Retzer, Miese Stimmung: Eine Streitschrift gegen positives Denken (Fischer Verlag, 2012, € 19,99).

Retzer, Psychologe und Paartherapeut aus Heidelberg, bricht die Lanze für Angst, Trauer, Fehlerhaftigkeit und das Scheitern. Der Druck des Gesellschaft nach „guter Laune“ und die mediale Überzeichnung von Superhelden sieht Retzer als einen Mitverursacher von psychischen Erkrankungen. Er beschäftigt sich mit den Fragen „Wie viel hat die Zunahme psychischer Erkrankungen mit individuellen Faktoren zu tun, mit Genen und biografischen Erfahrungen?“ und „wie viel mit gesellschaftlichen Verhältnissen, mit kulturellen Normen und Wertvorstellungen?“ Die Antwort von Retzer fällt eindeutig aus: Miese Stimmung ist zu einem großen Teil durch das positive Denken einer ganzen Kultur mitverursacht.

Dem interessierten Leser sind weiters folgende Bücher „gegen die Glückssucht“ empfohlen:

Smile or Die. Wie die Ideologie des positiven Denkens die Welt verdummt

Wilhelm Schmid „Unglücklich sein“